
So,so… du bist also Gärtner? So richtig mit Lust und Leidenschaft? Du kannst mit Leuten und die Arbeit macht dir Spaß… und trotzdem fehlt dir was?! Die Krone. Das Sahnehäubchen – der Meistertitel halt. Aber schade, du bist ja schon Ü50…
Na und? Wo steht geschrieben, dass man als „Vorsenior“ nicht mehr in die Schule darf, um seinen Horizont noch einmal grundlegend zu erweitern? Genau – nirgends. Sicher, hast du Familie oder finanzielle Verpflichtungen, dann brauchst du einen gewissen Plan. Ansonsten aber nur etwas Mut. Und den will ich dir gerne machen. Denn auch ich bin ein Spätberufener – sogar ein ziemlich später.
25 Jahre lang war ich im Büro gesessen, ich hatte wahrlich keinen schlechten Job. Aber bestimmt kennst du das Gefühl: es fehlt etwas. Ein Kick. Ein Wundermittel gegen die Routine im Berufsalltag. Könnte man doch nur sein Hobby noch zum Beruf machen… Ja, und hier beginnt es. Hör auf, das Alter als Nachteil zu sehen. Im Gegenteil, deine Lebenserfahrung wird dir helfen!
Mit zarten 46 Jahren habe ich dann meine Lehre zum Baumschuler begonnen. Ja, es war nicht immer leicht – aber ich war motiviert. Pflanzen, Arbeiten an der frischen Luft, Schlepper fahren. Früh um acht im September auf dem nebelverhangenen Acker, kein Telefon, keine E-Mail. Verdammt, wie schön kann Arbeit sein! Und dann das erste Mal seit 25 Jahren wieder in die Berufsschule…Hey, ich habe es genossen! Jede Information aufgesaugt. Im Gegensatz zu früher WOLLTE ich plötzlich in der Schule lernen! Eine Erfahrung, die mich selbst erstaunt hat…
Nach der Lehre dann ab in den Beruf. Dazwischen Zusatzausbildungen und -qualifikationen. Ich konnte gar nicht genug bekommen von meiner neuen Leidenschaft. Und nicht nur das. Ich bin einfach stolz darauf, dieses Handwerk erlernt zu haben!
Nun bin ich Gärtner mit Herz und Seele, plötzlich 51 Jahre alt. Aber immer noch nicht zu alt, um mir den ganz großen Traum zu erfüllen: Den Meistertitel.
Jetzt bin ich an der LWG in Veitshöchheim, in der Meister- und Technikerschule für Gartenbau und Weinbau. Wieder sauge ich alle Informationen auf. Mit meinen 51 Jahren fühle ich mich sauwohl an der Schule. Das liegt natürlich auch an den Lehrern und vor allem an den Mitschülern. Die haben mich aus Unkenntnis am ersten Tag glatt noch gesiezt… Aber es ist ein echt toller Haufen, der seinen Opi richtig gut aufgenommen hat. Über mein Alter denke ich nicht nach, warum auch? Ich mache das, was mir Spaß macht. Und ich werde nach der Schule sogar noch einen draufsetzen und den Schritt in die Selbständigkeit wagen. In meinem neuen Beruf, mit mir als Chef. Als Gärtnermeister!
In diesem Sinne: Don`t dream it. Be it! Es ist nie zu spät.
Thomas Ruffershöfer, G1B